Das Berufsleben von Maklern wird nach Einführung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes, dem sogenannten „Bestellerprinzip“, schwieriger. Insbesondere Vermietungsmakler fürchten einen drastischen Auftragsrückgang. Viele von ihnen nehmen die Gesetzesänderung zum Anlass, ihre Qualifikationen und ihr Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen. Was ist zu tun, um die wirtschaftliche Situation stabil zu halten?
Obwohl Verkaufsmakler von der Gesetzesänderung nicht direkt betroffen sind, ist es auch für sie ratsam, ihr Konzept von Zeit zu Zeit genauer zu betrachten. Ist die Außendarstellung noch passend? Welche Veränderungen am Markt finden möglicherweise keine oder zu wenig Berücksichtigung?
Für beide Maklergruppen ist die Spezialisierung eine gute Möglichkeit, an der eigenen Positionierung zu arbeiten. Sich zu spezialisieren bedeutet für einen Immobilienmakler, Experte für ein bestimmtes Thema zu werden. Dieses kann sich zum Beispiel geografisch definieren, auf bestimmte Zielgruppen beschränken oder einzelne Immobilientypen bzw. Nutzungsformen in den Fokus rücken.
Welchen Vorteil hat eine Spezialisierung?
Die Vorzüge, ein Spezialist für ein bestimmtes Segment zu werden, sind vielfältig. Wer sich mit nur einem oder zwei festgelegten Gebieten befasst, steigt immer tiefer in diese Materie ein. Er informiert sich nicht in der Breite und dafür oberflächlich, sondern geht fundiert in die Tiefe. Kunden oder Interessenten werden es zu schätzen wissen, dass ein Fachmann vor ihnen steht, der auch auf unübliche Fragen eine plausible Antwort kennt. Er kann etwa Vergleichswerte nennen und weiß, worauf es in seinem Markt ankommt.
Neben dem direkten Kundenkontakt können Immobilienmakler auch mit ihren spezialisierten Marketing-Aktivitäten punkten. Immobilienmakler, die ihren Tätigkeitsschwerpunkt festgelegt haben, können ohne große Schwierigkeiten ihre relevanten Zielgruppen definieren. So lassen sich sämtliche Akquisemaßnahmen genau auf diese ausrichten: Anzeigen mit maßgeschneiderten Texten erscheinen in relevanten Medien. Für diese lassen sich, nötigenfalls mit etwas Unterstützung durch einen erfahrenen Texter, Fachartikel schreiben, mit denen ein spezialisierter Makler seine Fachkompetenz untermauert. Diese Maßnahmen müssen nicht nur offline in Printmedien stattfinden, sondern können im Internet durch eine Zweitverwendung, etwa im Bereich Content Marketing, weitere positive Aufmerksamkeit schaffen. Letztlich ist es ratsam, seinen Expertenstatus mittels gezielter PR-Aktivitäten zu kommunizieren. Hierfür ist es ebenfalls sinnvoll, PR-Experten zu beauftragen.
Weiterhin ist es mit einem festgelegten Themengebiet möglich, einmal recherchierte Kontakte beizubehalten und ein intensives Beziehungsmarketing zu betreiben. Solch eine Vertrauensbasis sorgt im Idealfall nicht nur für Folgeaufträge, sondern generiert mit den langjährigen, zufriedenen Auftraggebern Empfehlungsmarketing – die beste Werbung, die möglich ist. So macht letztlich eine Spezialisierung das gezielte Nachkaufmarketing erst möglich. Makler, denen es durch ihre breite Zielgruppe gar nicht erst möglich war, gezielte – und vor allem nachhaltige – Marketingmaßnahmen zu betreiben, profitieren hinsichtlich der Akquise enorm von einer Spezialisierung. Bereits aus dem Konsumgüterbereich ist bekannt, dass es teurer ist, neue Kunden zu akquirieren als die alten zu pflegen – dieses Prinzip gilt für die Dienstleistung eines Maklers ebenso.
Experte werden – aber wie?
Durch das Bestellerprinzip sind Spezialisierung und Qualität der Maklerleistungen von noch höherer Bedeutung als zuvor – Spreu und Weizen werden getrennt. Kritischen Kunden, die sich im Vorfeld über Maklertätigkeiten informieren wollen, rät der Immobilienverband Deutschland e. V. (IVD), Spezialisten zu engagieren. So wird die Themeneingrenzung von einer Autoritäts-Institution für gut geheißen, was einem Gütesiegel sehr nahe kommt. Makler, die nun mit dem Gedanken spielen, sich dergestalt zu positionieren, haben eine große Entscheidung vor sich. Einerseits bedeutet das Festlegen auf ein Gebiet das Fallenlassen anderer. Zum anderen sollte die Spezialisierung auf ein Thema erfolgen, das dem persönlichen Interesse entspricht, jedoch auch Zukunft auf dem Markt hat.
Aktuell werden in der Diskussion vorrangig drei Wege als zielführend erachtet:
Regionale Spezialisierung (Farming). Bei dieser Möglichkeit entscheidet ein Makler sich dazu, seinen Fokus auf eine bestimmte Region zu legen. Diese lässt sich im ländlichen Bereich durch einen Radius von Kilometern oder Fahrtzeiten definieren. In der Großstadt ist das Beschränken auf einen Bezirk oder Stadtteil angebracht. Nun heißt es, falls das nicht schon vorher geschehen ist, sich Wissen über die gewählte „Farm“, deren Pflege man sich ausgesucht hat, anzueignen. Was sind in der Region oder dem Stadtteil gerade angesagte Themen? Welches Redaktionsmitglied des Lokalteils der Zeitung ist für die eigene Farm zuständig? Hier sollte ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut werden! Besonders im ländlichen Bereich ist Sponsoring eine gute Möglichkeit, sich bekannt und beliebt zu machen. Wer lokale Aktivitäten sponsert oder eine Anzeige in der Abizeitung beisteuert, hat seine Kunden von Morgen bereits frühzeitig auf sich aufmerksam gemacht.
Spezialisierung auf bestimmte Immobilien bzw. Nutzungsformen. Makler, die sich auf ein bestimmtes Segment festlegen möchten, können zum Beispiel zwischen Immobilientypen unterscheiden. Sie spezialisieren sich etwa auf Denkmäler und kennen sich in diesem Zuge bestens mit den besonderen steuerlichen Vorzügen aus. Oder sie haben ausschließlich Luxusimmobilien in ihrem Portfolio, was die fundierte Kenntnis über die Bedürfnisse der Oberschicht einschließt. Wer sich auf ein unteres Preissegment festgelegt hat, hat wahrscheinlich Mehrfamilienwohnhäuser mit einfacher Ausstattung, aber entsprechend günstigen Mieten im Angebot. Ein weiteres Immobiliensegment können barrierefreie Wohnungen sein, die zudem Wissen um ein barrierefreies Umfeld und den örtlichen Nahverkehr für die in der Mobilität eingeschränkten Bewohner voraussetzt.
Die Spezialisierung auf eine bestimmte Nutzungsform kann mehrere Immobilientypen einschließen. Die Nutzungsformen teilen sich auf in Wohnen, Gewerbe und Industrie. Das Ausschließen von zwei Nutzungsformen lässt zwar nur noch eine übrig, die jedoch auch sehr breit ausfallen kann – etwa das Wohnen. Daher empfiehlt sich innerhalb einer Nutzungsform eine Art „Unterspezialisierung“, um von den Vorteilen profitieren zu können.
Spezialisierung auf eine Zielgruppe. Wer sich einen Expertenstatus im Bereich einer Zielgruppe aufbaut, legt in der Regel zugleich eine Nutzungsform fest. Wer sich etwa auf Personen mit einem gewissen, hohen, Mindesteinkommen spezialisiert, wird diesen keinesfalls eine Wohnung mit einfacher Ausstattung in unspektakulärer Lage anbieten – es darf schon eher die Luxusimmobile sein. Makler, deren Kernzielgruppe Familien sind, haben Wohnungen mit mehreren Zimmern im Portfolio, deren Infrastruktur Schulen, Spielplätze und Kitas bereithält. So muss ein Makler mit der Spezialisierung auf eine Zielgruppe deren Bedürfnisse genau kennen und über betreffende Gesetze, Trends oder Ähnliches stets auf dem Laufenden sein.
Die richtige Spezialisierung finden
Um die richtige Spezialisierung zu finden, sollte ein Makler schauen, wo möglicherweise in der bisherigen Laufbahn die Schwerpunkte lagen. Auf diese aufzubauen, bedeutet, bereits Vorhandenes auszudehnen. Dieser Weg ist einfacher, als ganz von vorn zu beginnen. Auf der anderen Seite bietet eine Spezialisierung die Möglichkeit einer Neuorientierung: Ein Interessengebiet kann ausgedehnt und dafür leidige Themen abgelegt werden. Wer sich auf das für sich passende Segment spezialisiert, schafft sich wirtschaftlich gute und zeitgemäße Chancen auf beruflichen Erfolg.
Von Gina Doormann, freie Journalistin
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