Schon seit Jahren herrscht Unklarheit auf den Immobilienmärkten Europas: Welche Stadt ist die teuerste? Welche die lukrativste? Wo lohnt es sich am meisten zu investieren und welche Immobilien sind wo zu empfehlen und wo zu vermeiden? Bei den entsprechenden Studien landen im europäischen Vergleich oft London und Berlin ganz weit oben. Deswegen haben wir vom MaklerScout uns entschlossen, uns mit den beiden „Immobilien-Giganten“ einmal näher auseinanderzusetzen und unseren ganz persönlichen Vergleich durchzuführen. Unsere Absicht damit war, jegliche Immobilen-Interessenten auf den neusten Stand zu bringen, was den Immobilienmarkt in den beiden Metropolen betrifft und wie die zu erwartenden Entwicklungen sich auf die Makler-Branche auswirken.
Ist Berlin die Nummer 1 für Investoren?
Sehen wir uns zunächst einmal den Berliner Immobilienmarkt genauer an, schließlich behauptet eine neue Studie (Emerging Trends In Real Estate Europe 2015), dass Berlin die Nummer 1 in Europa wäre — zumindest was die größten Investitionschancen betrifft. Die Top-Platzierung landet die Metropole vor allem wegen seines niedrigen Preisniveaus, verbunden mit der stetig steigenden Nachfrage nach Mietwohnungen. Auf dem deutschen Markt ist Berlin deswegen auch zusammen mit Hamburg die einzige Stadt, die in den Top 10 der Studie vertreten ist. München ist etwa aus den Rängen verdrängt worden, da es als besonders hochpreisig wahrgenommen wird. London befindet sich zwar nur auf Rang 10 der Studie, ist aber was das Investitionsvolumen betrifft ganz vorne mit dabei. So gaben die Investoren im vergangenen Jahr 21 Milliarden Euro für Immobilien in der britischen Hauptstadt aus, Paris folgte in weitem Abstand mit 6 Milliarden Euro; Berlin belegt mit 3 Milliarden Euro Platz 3. London ist also zweifelsohne die beliebteste Stadt unter den Investoren, doch bedeutet das auch, dass dort langfristig am meisten Geld zu verdienen ist? Oder kann man dem Fazit der Studie vertrauen, dass Berlin das beste „Preis-Leistungs-Verhältnis“ bietet? Um diese Fragen zu beantworten, lohnt es sich, den Immobilienmarkt der beiden Städte genauer unter die Lupe zu nehmen.
Der Immobilienmarkt London — Das Reich der Reichen
Weltweit haben die Immobilien in London schon lange zu den teuersten gehört und sollen mittlerweile auch Hong Kong vom „Top-Spot“ verdrängt haben. Tatsächlich sind es derzeit laut Tagesschau.de vor allem „reiche Russen“, die auf dem Londoner Immobilienmarkt tätig werden. Diese kauften in den letzten Jahren vorwiegend Villen für den Eigenbedarf, doch der Rubelverfall drängt sie nun dazu auch in Einkaufscenter und Geschäfte zu investieren. Für die dortigen Makler ist dies ein lukratives Geschäft; so berichtet die Immobilienberatungsgesellschaft Knight Frank, dass 2014 der Anteil von Wohnungskäufen über zehn Million Pfund um ein Drittel angestiegen sei. Die Russen lieben die englische Metropole aufgrund der ausgezeichneten Flugverbindungen und Elite-Bildungseinrichtungen, sowie steuerlicher Vorteile.
Die Tatsache, dass sich vor allem finanzstarke ausländische Investoren so rege in London tätig sind bleibt nicht ohne Folgen für die Londoner Bevölkerung. So berichtete unlängst der Guardian, dass sich die jüngere Bevölkerung einen Hauskauf immer seltener leisten kann und der Anteil der Wohnungs- und Haus-Mieter rapide gestiegen ist. So war es 2004 noch der Fall, dass der Großteil der 25–34-jährigen ein Eigenheim besaß, doch inzwischen gehört diese Altersklasse zu einer neuen Generation von Privatmietern, die sich den Hauskauf nicht mehr leisten können.
Dieses Phänomen lässt sich auch bei Familien mit Kindern beobachten. Mittlerweile gibt es schon über 1,5 Millionen Familien in ganz England, die privat mieten anstatt im eigenen Haus zu wohnen — vor zehn Jahren waren es lediglich 566 000. Der große Nachteil ist hierbei für die Familien, dass sie selten Langzeit-Verträge abschließen können und sich so nicht drauf verlassen können, langfristig in ihren Häusern wohnen zu dürfen. So droht ihnen nicht nur eine saftige alljährliche Mieterhöhung sondern auch die Kündigung des Mietvertrags. Schließlich kann es jederzeit passieren, dass der Wohnungseigentümer ein lukratives Angebot erhält, die Immobilie zu verkaufen—an einen reichen Russen etwa…
Tatsächlich wohnt eine Familie in Großbritannien durchschnittlich 3,5 Jahre in einer Immobilie (11,5 Jahre bei Sozialwohnungen). Bei denen, die auf eigenem Grund wohnen sind es dagegen 17,1 Jahre.
Für Vermieter ist England zweifelsohne ein Paradies, da sie es sich aufgrund der hohen Nachfrage leisten können, die Mieten kräftig anzuheben. So stiegen die Mieten 2014 um 8,2 % und sogar die Sozialwohnungen waren von einem 6-prozentigen Anstieg betroffen. Deswegen sind auch immer mehr Briten auf Hilfe vom Staat angewiesen—doppelt soviel wie noch vor fünf Jahren. Diese Zahlen beziehen sich auf den Immobilienmarkt von ganz England und dürften demnach in London noch etwas stärker ausfallen.
Allerdings ist der britische Staat inzwischen hellhörig geworden, da er eine Immobilienblase befürchtet, wie Zeit Online berichtete. So kann sich die Bevölkerung die hohen Zinsen nicht mehr leisten, was zu einer Bankenkrise führen kann, und wenn die Banken kriseln droht Rezession. Deswegen erwägt der Staat auch nicht die Preise für die Immobilien zu senken, sondern den Anteil an riskanten Hypotheken zu verringern. Somit soll verhindert werden, dass sich junge Familien zu viele Schulden aufhalsen; zudem soll die Kreditwürdigkeit der Antragssteller noch strenger geprüft werden.
Der Immobilienmarkt in Berlin — Investitionsparadies für jedermann?
Nachdem nun klar geworden ist, dass die hohen Preise für Immobilien in London für immer weniger Investoren attraktiv sind, stellt sich nun die Frage wie die Lage in Berlin konkret aussieht.
Zunächst ist hervorzuheben, wie beliebt die Hauptstadt in den letzten Jahren geworden ist. Allein 2013 und 2014 konnten 40.000 Zugezogene verzeichnet werden und bis 2030 sollen es sogar 250.000 mehr sein. Diese enorme Wachstumsrate wird sich natürlich stark auf den Immobilien-Markt auswirken. Auch wenn sich nicht vorhersehen lassen kann, wie stark der Wert der Gebäude tatsächlich anwachsen wird, gibt es keine Zweifel, dass sich Investitionen lohnen können. Doch in Häuser kann nur investiert werden, wenn es auch genug davon gibt und genau da hakt es in Berlin. Der Neubau von Wohnungen geht sehr langsam voran, was unter anderem daran liegt, da die Baukosten zu hoch sind um die begehrten Sozialwohnungen zu erreichten. Dies führt dazu, dass private Investoren sich auf das Errichten von höherpreislichen Wohnungen konzentrieren, was mehr Zeit in Anspruch nimmt und die Bevölkerung verärgert. So berichteten wir unlängst in unserem Schwester-Blog Architekten-Scout von Daniel Libeskinds Luxusprojekt „Saphire“, einem Parade-Beispiel dafür, wie ein Immobilien-Investitionsprojekt im Hochpreis-Sektor aussehen kann. Langfristig führen solche Projekte jedoch dazu, dass die Nachfrage an teuren Wohnungen nachlässt, was wiederum die Zuwanderungsquote und das Interesse an Neubauten dämpfen könnte. Derzeit ist man in Berlin allerdings über jede neue Wohnung froh, wie Jens Holtkamp von der Investitionsbank Berlin kommentiert. Er meint, dass auch teure Wohnungen dazu beisteuern, den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen und damit sogar dazu beitragen können, dass die Mieten insgesamt günstiger werden.
Auf der anderen Seite bezuschusst der Staat das Bauen von Sozialwohnungen, was vor allem landeseigene Wohnungsunternehmen in Anspruch nehmen, während private Investoren die Zuschüsse aufgrund der niedrigen Zinsen nicht in Anspruch nehmen.
Mieten und Kaufpreise in London und Berlin
Was Berlin noch stark von London unterscheidet, ist dass die Mieten hierzulande deutlich niedriger sind. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig, dass in Berlin viel mehr Potential nach oben ist. So stiegen die Preise für Eigentumswohnungen in den letzten fünf Jahren um fast 55 Prozent, die Mietpreise um 31 Prozent— in einigen Bezirken sogar um 40–50 Prozent.
Gleichzeitig sollte natürlich auch nicht vergessen werden, dass in Deutschland die Mietpreisbremse bevorsteht, weswegen ein sprunghaftes Ansteigen der Berliner Mieten nicht zu erwarten ist. Dennoch klettern die Mietpreise in der Hauptstadt noch jährlich um rund 13%.
Im Gegensatz zu den anderen deutschen Großstädten ist die Preisobergrenze auch noch nicht erreicht und so wird es wohl noch zehn Jahre dauern bis man auch in Berlin ähnliche Mietpreise bezahlt wie etwa in München.
Dass in Berlin jemals so hohe Mieten wie in London gezahlt werden ist weder abzusehen noch erwünscht. Aufgrund der niedrigeren Kaufpreise ist es damit auch weiterhin durchaus wahrscheinlich, dass ein Objekt in Berlin langfristig mindestens so rentabel ist wie eines in London.
Ein Blick auf den Kaufpreis-Renditen-Quotient beweist zudem, dass Berlin sowie in Hinblick auf Kaufpreise als auch auf Monatsmieten deutlich rentabler ist als London. So liegt der Kaufpreis für eine Wohnung im Berliner Stadtzentrum bei um die 2.900 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu 9.365 Euro in London. Dabei beträgt die Monatsmiete für eine 3-Zimmer-Wohnung im Berliner Zentrum 1.050 Euro, in London würde eine vergleichbare Wohnung 3044 Euro kosten.
Fazit
Wie Sie sehen ist die Situation auf dem Immobilienmarkt in London und Berlin grundverschieden. Demnach möchte ich nun zur Anfangsfrage zurückkehren: Welche Stadt ist für Investoren die vielversprechendere? Und welche Stadt lässt das Makler-Herz am höchsten schlagen?
Meine klare Antwort: Berlin ist derzeit für Immobilien-Investoren am lukrativsten, während Makler aufgrund der immensen Verkaufs- und Mietpreise in London mehr auf ihre Kosten kommen werden.
Hier noch einmal kurz und knapp die Haupt-Vorteile für die Investition in den Immobilienmarkt Berlins:
- Enormer Bevölkerungszuwachs
- Niedriger Kaufpreis-Renditen-Quotient
- Staat bezuschusst Sozialbauten
- Niedriges Preisniveau
In London lässt sich vor allem damit Geld verdienen, dass man die hochpreisigen Immobilien zu noch höheren Preisen weiterverkauft. Dazu muss man allerdings erst einmal das notwendige Kapital aufbringen, und das ist derzeit vor allem ausländischen Investoren vorbehalten. Berlin gewinnt das Duell der Immobilien-Giganten für sich, auch wenn es im Vergleich zu London ein eher „kleiner Gigant“ ist.
von Jesco Puluj
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